Ich muss etwa vier Jahre alt gewesen sein, als ich mich in die Harfe verliebte. Auf einem Konzert der wunderbaren Christine Högl saß ich stumm da und wurde überwältigt von der Schönheit des Klanges. Weiche Bässe, klare Töne in der Höhe, ein angenehmes Vibrieren im Bauch: klare Anzeichen von Instrumentenverliebtheit. Ob dabei der erste Cola-Rausch, den ich hatte, eine Rolle spielte, ist unklar und außerdem nebensächlich. (Bis heute liebe ich Cola aller Vernunft zum Trotz, vertrage sie aber so wenig wie damals.)
Hauptsache ist: mit 9 Jahren durfte ich endlich Harfe lernen. Ich hatte bereits Vorkenntnisse auf der Flöte, konnte also schon Noten lesen (im Violinschlüssel) und Rhythmen spielen. Das Erlernen der Harfe fiel mir unglaublich leicht. Ich kann mich nicht erinnern, als Kind jemals geübt zu haben. Es war immer ein Spielen! So sollte sich Unterricht anfühlen, kein Müssen, sondern ein Wollen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Mensch sich zu einem anderen Instrument hingezogen fühlt. Vielleicht auch in unterschiedlichen Lebenssituationen zu unterschiedlichen Instrumenten. Wenn es die finanziellen und zeitlichen Umstände erlauben, sollte man dieser Sehnsucht unbedingt nachgeben. Denn wenn man sich im Innersten tief berührt fühlt von einem Instrument, ist dieses in der Lage, das eigene Seelenheil zu befördern.
Meinen Großeltern, Generation 2. Weltkrieg, war es enorm wichtig, dass wir Enkelkinder Instrumente erlernten. Sie wussten, dass in Krisenzeiten die Ausfüllung mit schönen Dingen überlebenswichtig ist. Der Geist findet einen Ort, an dem er sich nicht mit der Welt, wie sie ist, auseinandersetzen muss. Ein Ort, an dem er sein darf, ohne sich des eigenen Seins bewusst zu sein.
So nimmt es nicht Wunder, dass in der Pandemie sehr viele Menschen den Drang haben, ihr Instrument wieder zu entstauben oder ein neues zu erlernen. Jedem, der die Harfe als sein Seeleninstrument empfindet, kann ich nur raten: nehmt euch die Zeit, scheut keine Mühe, denn es wird sich lohnen. Für euch. Alles andere ist Nebensache.